Veranstaltung: | Herbst-Landesmitgliederversammlung in Magdeburg |
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Tagesordnungspunkt: | 2.2. Verschiedene Anträge |
Antragsteller*in: | Annika Bachmann |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 31.10.2022, 12:12 |
A2: Menschenrechte Jordanien
Antragstext
Wir, die Grüne Jugend Sachsen-Anhalt, verurteilen die zunehmenden
Menschenrechtsverletzungen in Jordanien und solidarisieren uns mit den
friedlichen Aktivist*innen, die sich vor Ort und in Deutschland für Demokratie
und eine aktive Zivilgesellschaft einsetzen.
Um den Ansprüchen einer an den Menschenrechten orientierten Außenpolitik gerecht
zu werden und als eine Maßnahme um der weiteren Verschärfung des Nahost-
Konflikts entgegenzuwirken, fordern wir deutsche Politiker*innen auf, sich
stärker für die Menschenrechte in Jordanien und die Anliegen derer, die sie
verteidigen einzusetzen.
Im Hinblick auf Deutschlands Rolle als enger Kooperationspartner von Jordanien
in der Flüchtlings- und Sicherheitspolitik sowie der Entwicklungszusammenarbeit
gehören dazu die folgenden konkreten Maßnahmen:
- Überprüfung des Einsatzes finanzieller Hilfen für Jordanien bezüglich
ihrer Vereinbarung mit den Zielen des Menschenrechtsschutzes sowie der
Korruptionsbekämpfung.
- Klare Haltung zu den Menschenrechtsverletzungen von Seiten des
jordanischen Regimes zeigen und diese in der öffentlichen Kommunikation
verurteilen.
- Die stärkere Einbindung jordanischer Menschenrechtsaktivist*innen auf
Bundesebene bei Gesprächen mit thematischem Bezug zu Jordanien.
- Jordanischen Regierungsvertreter*innen, die in Menschenrechtsverletzungen
verwickelt sind auf Veranstaltungen in Deutschland keine Bühne mehr geben.
- Die Erleichterung der Visumsvergabe für jordanische
Menschenrechtsverteidiger*innen und politische Aktivist*innen.
- Die Einrichtung einer Beschwerdestelle für Menschenrechtsverletzungen in
der Deutschen Botschaft Amman.
- Der Stop von Waffenlieferungen nach Jordanien.
Diese Forderungen richten sich insbesondere an den Bundesvorstand von Bündnis
90/Die Grünen, Luise Amtsberg (Beauftrage der Bunderegierung für
Menschenrechtspolitik und Humanitäre Hilfe im Auswärtigen Amt) sowie grüne
Bundestagsmitglieder der Ausschüsse „Menschenrechte und humanitäre Hilfe“,
„Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung“ und „Auswärtiges“.
Begründung
Als (inhaltlich) parteiunabhängige Jugendorganisation von BÜNDNIS 90/Die Grünen sehen wir es als unsere Aufgabe, politische Entscheidungen und Verhalten grüner Parteivertreter*innen kritisch zu hinterfragen. Durch die aktuellen Regierungsbeteiligung von BÜNDNIS 90/Die Grünen und deren Verantwortlichkeit über das Auswärtige Amts, sollten wir auch das Politikfeld Außenpolitik und Internationales stärker in den Fokus nehmen.
Im Nahen Osten gilt Jordanien als wichtiger Kooperationspartner Deutschlands. Die bilateralen Beziehungen beziehen sich insbesondere auf die Sicherheits- und Flüchtlingspolitik sowie die Entwicklungszusammenarbeit. Deutschland ist seit einigen Jahren der zweitgrößte internationale Geldgeber Jordaniens und das Königreich eines der Hauptempfänger deutscher Entwicklungshilfegelder.[3] Daran änderte sich grundlegend auch unter der Ampel-Koalition nichts. Im Jahr 2021 erhielt Jordanien 430 Mio. € und erst Anfang Oktober wurden in deutsch-jordanischen Regierungsverhandlungen erneut Summen in der Höhe von 418 Mio.€ genehmigt.[4]
Jordanien gilt als nicht-freies, autoritäres Regime[5]. Verschiedene Menschenrechtsorganisationen, wie Human Rights Watch und CIVICUS, berichten verstärkt von einer alarmierenden Entwicklung der Menschenrechtssituation. Mithilfe fragwürdiger Gesetze schränken Behörden Grundrechte, wie die Meinungs-, Versammlungs- und Reisefreiheit, ein. Unter Vorwürfen der Majestätsbeleidigung, Volkesverhetzung und Spionage werden Personen, die eine von der politischen Elite abweichende Meinung vertreten sowie deren Familien verfolgt und inhaftiert. Es treten wieder vermehrt Fälle von Folter auf - erst im September 2022 starb ein Aktivist unter Folter in einem jordanischen Gefängnis.[6]
Das geschieht trotz den vom jordanischen König Abdullah II. bin al-Hussein angekündigten „demokratischen Reformen“, die von der deutschen Regierung hoch gelobt werden. Expert*innen sehen diese lediglich als Versuch, die tatsächliche Menschenrechtslage zu vertuschen und die politische Macht weiter in den Händen des Königs zu zentrieren.[7]
Menschenrechtsorganisationen fordern daher die internationalen Partner*innen und Geldgeber*innen Jordaniens - zu dessen wichtigsten Deutschland gehört - daher auf, öffentlich und ausdrücklich alle Verstöße gegen die Meinungs-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit zu verurteilen und sicherstellen, dass die Achtung dieser Freiheiten eine Voraussetzung für alle bestehenden Programme ist.[8]
Öffentliche Statements der Bundesregierung beschränken sich jedoch lediglich auf wertschätzende Worte zu Jordaniens „konstruktiver Rolle“ im Nahostkonflikt und Solidaritätsbekundungen aufgrund dessen „Engagement“ bei der Aufnahme Geflüchteter. [9] Auch wenn das durchaus wichtige Punkte sind, dürfen die Fehler der Großen Koalition nicht wiederholt werden, indem eine unkritische Haltung gegenüber autoritären Regimen eingenommen wird, solange das den eigenen politischen Interessen dient. Menschenrechte müssen sofort in den Mittelpunkt deutscher Politik gerückt werden!
Um dem eigenen Anspruch einer an den Menschenrechten ausgerichteten Außenpolitik gerecht zu werden, sollte die Bundesregierung in Bereichen deutsch-jordanischer Kooperation gegen die weitere Autokratisierung des Landes handeln. Damit ist keine hegemoielle innenpolitische Intervention gemeint, sonder die tatsächliche aktive Unterstützung der Zivilgesellschaft und eine kritische (öffentliche) Haltung gegenüber des jordanischen Regimes. Konkrete Handlungsmöglichkeiten gibt es viele - wir haben einige in unseren Forderungen zusammengefasst.
[5] Vgl. Freedom House Index oder Democracy Index
[7] Vgl. ebd.
[8] Ebd.
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